Proximo Colonies/Stories/worknew

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Lieber Terrel, der Text ist hier zur internen Verwendung veröffentlicht und mit Absicht nicht FSK 14, aber positiv überraschend dass es jemand komplett gelesen hat ;)}}
Dunkle Zeiten

Langsam senkt sich die Nacht über den kahlen Wüstenplaneten Sanda, kühle Polarwinde wirbeln trockene Erde und Sand auf. Auch wenn ein Untergang zweier Sonnen gleichzeitig eine einzigartige Erfahrung ist, Fremde oder Touristen verirren sich praktisch niemals an diesen rauen, lebensfeindlichen Ort. Passiert es allerdings doch einmal, sind diese meist froh den Bergbauplaneten schnell wieder verlassen zu können. Es sind nicht nur die hohen Temperaturschwankungen, die eintönige Gerölllandschaft, das Fehlen jeglicher Unterhaltungsmöglichkeiten wie beispielsweise Holodecks. Auch die lokal heimischen, gefährlichen sowie riesigen Kreaturen lassen diesen Ort bei Nacht zu einem realen Albtraum werden. Tagsüber sind es die beiden Sonnen von welchen Gefahr ausgeht, da sie schon wenige Minuten nach ihrem gemeinsamen Aufgang alles in Asche verwandeln was nicht schnell genug Schutz suchen konnte.

Demnach sind Morgen- und Abenddämmerung die einzigen Gelegenheiten die Außenwelt ohne Schutzanzug zu betrachten. So wie es die zwei Gestalten, hoch oben auf einem gut dreißig Meter hohen und doppelt so langem Felsen. Eine davon scheint ein kleiner Junge zu sein, welcher etwas gelangweilt mit den Beinen schlenkert und den letzten Sonnenstrahlen am Rande des Horizonts mit seinen Augen verfolgt. Doch schon greift die klirrende Kälte um sich, welche schon in wenigen Minuten Alkohol gefrieren lassen wird.

"Papa?", bricht das scheinbar knapp 6-jährige Kind die Stille, "Wenn ich groß bin, bekomm ich dann auch so ein schöne, dickes Fell?"

"Nein", reagiert der Faeli, scheinbar ohne die Intuition dieses Thema weiter zu erörtern.

Verwundert denkt der Sprössling über die Worte seines Vaters nach und betrachtet missmutig seine nackten Arme dessen sporadische Behaarung nicht im Entferntesten mit der Fellpracht seines Vaters konkurrieren kann. Schon seit längerem hegt er die Angst anders zu sein, doch dies zu untermauern fällt ihm schwer, ist ihm doch jeglicher Kontakt zu anderen Bewohnern dieser Welt untersagt.

"Papa?", versucht es der Junge erneut, "Dafür bekomm ich aber genau so starke Pranken und Reißzähne wie du?"

Doch wieder hält sich die hochgewachsene Gestalt kurz, welche entfernt an eine aufrecht stehende Katze erinnert: "Auch nicht!"

Auch ohne Vergleich, ahnt der Kleine dass ihm entscheidende Dinge Fehlen, Dinge auf welche Tchark V`Chassal sehr stolz ist, wenngleich er dies nie offen zur Schau stellt, Dinge welche seine Rasse ausmachen? Das kleine Computerterminal im Haus, oft die einzige Beschäftigung des Jungen, enthält auch Beschreibungen tausender Spezies dieser Galaxie. Darunter auch über schwanzlose Wesen mit wenig Fell, welche großer Ähnlichkeit mit seinem Äußeren zu haben scheinen. Doch sein Vater lenkt bei solchen Fragen immer ab, versucht das Thema scheinbar totzuschweigen, obgleich es doch offensichtlich scheint?

Erneut versucht sich der Kleine Gehör zu verschaffen: "Papa?"

Unterdrückt knurrend wendet der Faeli seine Blicke vom Farbenspiel des Abends ab und blickt den Jungen eindringlich an.

"Ich weiß was dich beschäftigt, aber es ist noch nicht so weit!", spricht das hochgewachsene, katzenartige Wesen und legt seine mächtigen Pranken auf die schmalen Schultern seines Sohnes, "Du bist etwas sehr Besonderes, aber es sind bestimmt nicht die äußeren Unterschiede!"

Selbstverständlich ist das Kind mit solch einer Erklärung nicht zufrieden! Nicht die äußeren Unterschiede? Von was spricht er überhaupt, es ist doch mehr als offensichtlich dass ganz viele Dinge wie die Krallen, das Fell oder die beweglichen Ohren überhaupt nicht überein stimmen! Der Junge setzt ein missmutiges Stirnrunzeln auf, wendet seine Blicke, sucht die Wahrheit hinter den gelbgrünen Augen, ein Zeichen von Verunsicherung oder irgendeine andere Erklärung für ein solches Verhalten.

Konzentriert auf die fixe Idee das Geheimnis zu ergründen, merkt der Junge gar nicht dass die Sandkörner, aufgewirbelt durch Winde der Dämmerung, immer langsamer vorbei zu schweben scheinen, Wolken weniger hastig vorbeiziehen und die Lösung wie ein schwaches Licht in seinem Geist zu glimmen beginnt. Wie das Tor zu einer anderen Welt, eine Galaxie der Antworten, ein neues Universum an Informationen wie ein Leuchtfeuer im Nebel und ein Name, nein der Name!

Wie vom Blitz getroffen zuckt der große Faeli zusammen und löst seine Pfoten vom Jungen für welchen sich dies wie ein Windstoß anfühlt, welcher die Flamme zum erlöschen bringt und, wie der für ihn erneut tobende Sandsturm, nichts als Dunkelheit hinterlässt. Doch etwas ist geblieben, ein Funke welchen er in seiner offenen Hand sucht, nicht findet aber nach dessen Zusammenballen wie einen schwindenden Traum festhält.

"Proximo", manifestiert er die Essenz des Funkens zu einem Namen, welchen er nie zuvor gehört hatte.

Tchark aber zuckt bei dessen Erwähnung erneut zusammen und verzieht verärgert das Gesicht.

Doch schnell glätten sich die Wogen wieder und der kräftige Faeli murmelt leise, aber dennoch verständlich, ehrfürchtig sowie ein wenig demütig: "Proximo, der Name eines Mannes, eines großen Kriegers, Mentors, wahren Anführers und Inspiration für Billiarden!"

Eindringlich blickt Tchark dem kleinen Jungen in die Augen: "Dein Name!"

Die Worte verklingen und wirken schon kurz darauf wie weggewischt vom unbändigen, eiskalten Abendsturm, doch sie zaubern ein Lächeln auf die Lippen des heranwachsenden.

"Ich hab den Namen eines großen Kriegers?", stochert er, der nun seinen wahren Namen kennt und sich dennoch nur für das von ihm erwähnte Detail interessiert, nach.

Dies wirkt, angesichts der Situation, so komisch für den Faeli, dass dieser in Lachen erklingen lässt, etwas dass Proximo in all den Jahren selten zu hören bekommen hat.

"Ja, so ist es!", erwidert Tchark mit einer Erleichterung welche eigentlich Skepsis bei seinem Sohn auslösen hätte sollen, der ist allerdings viel offensichtlich grade in einen Tagtraum verfallen, malt sich aus wie dieser Proximo wohl gewesen sein könnte.

Allerdings ist der große Faeli nun nicht mehr da um den Jungen zu wärmen, und da die Temperatur bereits einige Grade ins Minus gefallen ist, zittert dieser bereits und Niest auch noch.

Grund genug für das große Katzenwesen seinen Sprössling, kurz angebunden aber mit einem freundlichen Schnurren in der Stimme, zur Nachtruhe zu schicken: "Ab mit dir!"

Proximo blickt unzufrieden auf, will noch nicht schlafen gehen, weiß aber dass er seinen Vater keinesfalls anderweitig überzeugen kann. Geschlagen trabt er schließlich langsam Richtung Felsvorsprung, nimmt einen gewagten Satz und schlittert den steilen Abhang hinunter an dessen Ende er offensichtlich unaufmerksam an einem Stein hängen bleibt, stürzt, sich aber in letzter Sekunde durch Abrollen vor ernsthaften Verletzungen bewahren kann. Sein Vater, welcher ihm verboten hat solch waghalsige Rutschmanöver zu veranstalten blickt mit ernstem Blick hinunter, worauf Proximo das Zeichen registriert und schnellsten in der kleinen Hütte am Fuß des Felsens verschwindet.

Mit leichtem Kopfschütteln bewegt sich der Tchark wieder zurück an seinen Aussichtsort, beobachtet das letzte Aufglühen des Horizonts und denkt über jene Sachen nach, welche er am liebsten für immer von seinem Sohn fernhalten würde. Aber er weiß dass der Tag kommen wird, seine einzige Hoffnung besteht darin ihn noch einige Zeit hinauszögern zu können und Proximo für all dies vorzubereiten. Viel geht ihm durch den Kopf bis auch er die Zeichen der Nacht akzeptiert, sein Gewehr schultert und in ähnlicher Manier wie sein Sohn zuvor den Abhang hinunter schlittert, allerdings elegant kontrolliert von den Krallen seiner linken Pranke welche funkensprühend die Dunkelheit verdrängen und Furchen in den harten Stein ritzen. Dann betritt auch er den Ort, welcher für den Jungen seit jeher nur eines war, sein Zuhause.

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Es sollten zwei weitere Monate in Frieden vergehen, Monate in denen sich der Junge selten Gedanken darüber macht erst jetzt einen Namen zu haben, spricht ihn sein Vater doch stets mit Sohn an. Dieser wiederum ist momentan außerhalb, sagt er würde irgendwelche komplizierten Geräte reparieren. Maschinen dessen Zwecke Proximo meistens nicht zugänglich sind aber dennoch immer interessieren, durch ihr gefährliches Aussehen geheimnisvoll faszinieren, bringt sein Vater eine davon nachhause.

Leider steht ihm diese Abwechslung heute nicht zur Verfügung, lediglich ein einzigen Computerterminal der kleinen Hütte, aus welchem er lernen soll. Doch ein Großteil der Informationen sind technische Details so winziger Maschinen dass sie wahrscheinlich ohnehin keine interessanten Sachen machen können. Seit er gelernt hatte die ganzen Zeichen auseinanderzuhalten, muss er den Inhalt all dieser technischen Details und Pläne lernen, den Grund dafür versteht er allerdings nicht. Haben sie vielleicht etwas mit dem Beruf seines Vaters zu tun, obwohl diese Geräte doch viel größer sind und komplett anders aussehen? Seinem neu gefundenen Namen oder den undeutlichen Andeutungen? Seine Überlegungen führen zu keinem befriedigenden Ergebnis und diese ganzen unzusammenhängenden Dinge verursachen ihm Kopfschmerzen. Er, völlig allein, auf sich gestellt, draußen über 80°C im Schatten, und gerade dort die gefährlichen Bestien die auf Beute lauern, drinnen nichts als Langeweile und mitten drin er der absolut Garnichts dagegen machen kann!

Garnichts? Proximo betrachtet aus den Augenwinkeln das Protonengewehr, welches einladend an der Wand hängt und geradezu darum zu bettelt mitgenommen zu werden. Er erinnert sich an die frohen Erlebnisse mit seinem Vater, welcher mit dieser Waffe einen großen Zwölffüßler erlegt hatte, welcher fast ihre Hütte zertrampelt hätte. Es hatte Wochen gebraucht um die Überreste wegzuschaffen und der Gestank, beim bloßen Gedanken daran fängt Proximo an zu würgen.

Aber lieber draußen in tödlicher Hitze, in mitten wilder Bestien, als hier zusammen mit diesem langweiligen Computerterminal! Nicht zum Ersten Mal greift Proximo nach Gewehr, Jagdmesser und einer Wasserflasche, schlüpft dann in einen Overall, welcher ein wenig Schutz vor der rauen Außenwelt bieten soll, bevor er ins Freie hinaustritt. Ein harter, brennender Wind schlägt ihm entgegen, schützend hält er die linke Hand vor sein Gesicht und schultert mit der anderen seine, für ihn überdimensionierte, Waffe. Trotz seiner jungen Jahre hat Proximo bereits ein ausgeprägtes Gespür für Gefahren entwickelt, eine Eigenschaft die wohl zwangsweise mit dem Leben auf einem derartig ungastlichen Ort zusammenhängt. Erst ein Blick auf den Horizont, mögliche Vorboten eines Sandsturms ausmachen, dann die Oberfläche nach feindseligen Lebewesen prüfen, welche selbst am Tag die Sonnen nicht scheuen, und am Schluss eine genaue Beobachtung des Sandes, unter welchem sich gern die fiesen Sandrochen eingraben die nur auf Beute in wie ihn warten. Grade letztere Gefahr ist noch schmerzhaft in Erinnerung geblieben, war Proximo doch vor knapp einem Jahr auf ein Jungtier getreten und hatte dabei gleich Bekanntschaft mit dem lähmenden und sehr schmerzhaften Gift gemacht. Ja, daran kann er sich lebhaft erinnern und ehrlichgesagt hatte er geheult wie ein kleines Mädchen, zumindest hatte ihn Tchark gern auf diese Weise damit aufgezogen. Was Mädchen eigentlich sind weiß er zwar nur aus den undeutlichen Beschreibungen seines Vaters, der hatte das Wort aber meistens, wie im erwähnten Beispiel, in negativen und erniedrigenden Metaphern eingesetzt.

Man kann es verstehen, dass er nun sehr genau hinschaut und sich vorsichtig im Schatten des großen Felsens bewegt um sich zu vergewissern, keines dieser Raubtiere übersehen zu haben. Doch wohin sollte sein Ausflug heute gehen? Wieder zu den Klippen, die einen tollen Ausblick über das Tal bieten? Im nahen Salzsee Kristallsplitter sammeln? Nein, heute sollte es in Richtung Stadt gehen, den verbotenen Ort. Es ist vor allem der Trieb etwas Verbotenes, ja vielleicht auch Dummes zu tun, welcher ihn antreibt, die Suche nach Abenteuer und Aufregung.

Mit all diesen Gefühlen im Bauch rennt Proximo von Schatten zu Schatten der pilzförmigen Steinformationen, immer die gelb blinkende Temperaturanzeige am rechten Unterarm im Auge. Grün hieße alles in Ordnung, doch die Sonnen stehen schon ziemlich hoch und so kann er froh darüber sein den gefährliche, roten Bereich, nicht zu erreichen, wenngleich gelb in diesem Fall auch eine Innentemperatur von über 50°C bedeutet. Nur zwei Stunden, und viel zu wenige Kilometer, später verschnauft er im Schatten einer der wirklich großen Felsen in dieser Gegend. Selbiger Felsbrocken ist auch eine gute Wegmarkierung am Ende eines bestimmten Drittels des Weges angekommen zu sein und nach einem Blick auf die digitale Karte ist auch klar dass es sich um das erste handelt.

Auch wenn Proximo Hitze gewohnt ist, die isotonische Flüssig aus seiner Feldflasche verbraucht sich in bedrohlicher Geschwindigkeit während die Sonnen gerade erst den Zenit am Himmel erreichen. Mittag, denkt der Junge, verwirft den Gedanken aber schnellstmöglich wieder um seinem knurrenden Magen nicht noch mehr Anreiz zu geben ihn zu quälen. Nicht dass er vergessen hätte etwas Essbares mitzunehmen, viel mehr hatte er keine Transportbox gefunden, welche der Hitze wiederstehen hätte können. Es entbehrt jeglicher Logik weitere vier Stunden in der Hitze der hochstehenden Sonne weiterzulaufen, vor allem weil er seinen Vater in etwa einer weiteren Stunde zurückerwartet, doch irgendetwas treibt ihn weiter an. Vielleicht eine geheimnisvolle innere Stimme? Vielleicht Neugier? Die wenigen Sandrochen die den Weg blockieren, scheucht Proximo einfach mit gezielten Schüssen aus ihrem Versteck und umgeht größere Tiere, wie beispielsweise Zwölffüßler.

Die Missachtung jeder Vernunft bringt ihn, unter den äußeren Umständen, seiner Körperlichen Grenzen und lebensgefährlicher Dehydriert immer näher, dennoch steht die Chancen weiter gut dass er es noch rechtzeitig schaffen kann. Doch als er sich Erschöpft einige Sekunden im Schatten eines weiteren Felsens ausruhen möchte, brich ein wurmartiges Wesen durch die Sanddecke und verschlingt einen Sandrochen im Ganzen.

"Scheiße!", nutzt der Junge ein Kraftwort, welches ihm sein Vater eigentlich verboten hat, dennoch drückt es sehr gut das aus was ihn jetzt erwartet.

Bewohner von Sanda nennen diese Tiere einfach nur Grabräuber, basierend auf einer Legende wonach sie die Verstorbenen, im Sand verscharrten, nachts verschlingen. Ob dies stimmt interessiert den Menschenjungen in diesem Moment aber überhaupt nicht, denn Grabräuber jagen immer im Rudel, verschlingen alles was einen geringeren Durchmesser hat als sie selbst und würden vor allem nicht darauf warten dass ihn das Zeitliche segnet. Dies wissen auch die anderen Kreaturen dieses Planeten, welche sofort panisch das Weite suchen.

Hastig stürmt jetzt auch Proximo vorwärts, hinter ihm sichtbare und unsichtbare Gefahren, über zwei unerbittlich brennende Kugeln und an seinem Arm ein rot blinkendes Symbol, welches man ebenfalls nicht einfach ignorieren sollte. Nicht mal mehr ein halber Kilometer, die Tore der Stadt rücken quälend langsam in erreichbare Entfernung während der Schutzanzug zu einer klebrigen Masse verschmilzt und sich langsam in die Haut des Jungen frisst, doch der Schmerz wird überlagert durch blanke Panik und der Hoffnung die Sicherheit der Siedlung rechtzeitig zu erreichen. Fast schon dort, erfasst der Junge mit den Augenwinkeln einen Rakan, einen vogelartigen Pflanzenfresser der Region, als unter diesem der Sand bebt und ein Grabräuber ihn vollständig verschlingt.

Proximo wird von der Erschütterung und explosionsartig aufgewirbeltem Sand zu Fall gebracht, stürzt auf den brennend heißen Sand und verliert zu allem Überfluss auch noch das Ersatzgewehr seine Vaters. Es sind nur noch knapp 100 Meter bis zum Eingang, dessen Tore sich eben zu öffnen scheinen, eine flüchtige Überlebenschance. Trotz der akuten Verbrennungen spürt der Junge die Bewegungen im Sand, schaut sich hastig um und bemerkt dass er eingekreist ist. Keine Sekunde später bebt auch schonwieder die Erde, diesmal unter ihm. Nur ein schneller Satz in Richtung Protonengewehr rettet ihn vom tödlichen Griff eines kleineren Grabräubers der krachend durch die Oberfläche schlägt.

Was sollte er nur tun, ist das nun das Ende? Wie betäubt muss er mit ansehen wie sich der Sand um ihn kreisförmig bewegt, wie eine Schlinge um seinen Hals den Atem nimmt. Ein Zittern jagt plötzlich wie ein Blitz durch seinen Körper, versiegt die Schmerzen und scheint den Lauf der Zeit zu verlangsamen. Etwas fremdes, Unnatürliches und gefühlloses ergreift Besitz von ihm, die Barriere zwischen Denken und Handeln verschwimmt. Er hat noch nicht einmal realisiert was gerade geschehen ist, als seine Füße gerade wieder den blutdurchtränkten Sand berühren.

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Wie lange er anschließend bewusstlos war kann Proximo nicht mit Sicherheit bestimmen, die Erinnerungen verblassen schon, wie Bilder aus einem obskuren Traum. Offensichtlich liegt er auf einem eigenartig weichen Bett und ist umgeben von ebenfalls fremdartigen Geräten, gepaart mit sterilem Licht, Gerüchen und Geräusche, aber auch der metallene Geschmack ist ungewöhnlich. Wenngleich alles fremd erscheint, die Modulation der Stimmen, wenngleich er diese noch nie zuvor gehört hatte, ist es irgendwie nicht.

"Ich sage dir, das ist kein Mensch!", schallt es deutlich durch die offene Türe.

Eine tiefere Stimme erwidert: "Und warum schaut es dann wie einer aus?"

"Vielleicht ist es eine neue Spionagedrohne, als Mensch getarnt", formt sich eine neue, gewagte Theorie.

"Eine Spionagedrohne als Schwanzloser getarnt auf einem unbedeutenden Bergbauplaneten der Centauri?", wiederholt eine vierte Person die Hypothese mit lachendem Unterton, "Das passt natürlich zur meisterhaft getarnten Showeinlage vor dem Nordtor!"

Die offensichtliche Lächerlichkeit dieser Situation bringt die Anderen zum Schweigen, während Proximo diese Zusammenhänge hingegen überhaupt nicht versteht.

Gerade in dem Moment als die zuvor Sprechenden hätten entscheiden müssen was nun mit Proximo passieren soll, hört Letzterer das Geräusch einer sich öffnenden Türe und eine ihm viel vertrautere Stimme.

"Wo ist er?", klingt es in aufgeregtem Tonfall, "Der Menschenjunge!"

"Klär uns auf, Tchark, dein Sohn?", erwidert die Stimme schnippisch, welche zuvor über die absurde Idee der Spionagedrohne gespottet hatte, und betont dabei besonders auffällig den Namen des Faeli.

Umso mehr überrascht ihn die Antwort des anderen Faelis: "Ja, und ich werde ihn jetzt auf der Stelle mitnehmen!"

"Selbstverständlich!", erwidert die vorherige Person erneut, scheint dies aber nicht wirklich ernst zu meinen, "Ich würde gerne die Mutter kennenlernen! Lass mich raten, Canidar-Plasmagranaten-Mischling?"

Grimmig knurrt Proximos Vater zurück: "Wir haben einen Vertrag was Fragen betrifft, ich stelle keine und ihr auch nicht!"

"Die Abmachung hat sich erledigt, Tchark, wir haben uns für ein rentableres Transportgut entschieden! Den Abtransport hätte eigentlich unser, Geschäftspartner, übernehmen sollen aber unter diesen Umständen...", die kommandierende Stimme und viele weitere Beine trampeln als Verstärkung herbei.

"Ich gehe mit euch, freiwillig!", hört der Junge Tchark ernst sagen, "Unter der Voraussetzung dass der Junge bei euch bleiben kann und ihr für ihn sorgt!"

Hatte er richtig gehört? Proximo ist sich nicht ganz sicher denn sein Vater würde ihn niemals verlassen, das hatte er mehrfach zu ihm gesagt!

Der Anführer der fremden im Nebenraum sagt schon eine ganze Zeit lang nichts, er scheint wohl auf etwas warten oder überlegen zu müssen.

"Daher weht also der Wind, das war gar keine Lüge!", kommentiert die Stimme schließlich in analytischem Tonfall, "Das verdoppelt den Wert meiner Ladung, ich denke Ylia wird höchst erfreut sein!"

"Ylia... Lykan?", wiederholt Tchark überrascht und mindestens genau so beunruhigt, insbesondere als sein gegenüber dies mit einem hinterhältigen Grinsen bestätigt.

Viele Erinnerungen kehren zurück, Erinnerungen an Dinge die er über Jahre vergessen oder zumindest verdrängen wollte.

In weiter hochmütigem Tonfall wird die kleine Zeitreise der Gedanken unterbrochen: "Das wird sicher ein freudiges Wiedersehen, nicht wahr?"

"Ein Wiederstehen dass warten muss, ich hab vorher noch einiges zu erledigen!", kommentiert der Faeli bissig und zeigt damit wieder seine Überzeugung hier die Oberhand behalten zu können.

Das Geräusch von Protonenwaffen wenn man den Abzug berührt, inzwischen ein sehr vertrauter Klang, und die Energiezellen welche ihre tödliche Kraft in Richtung Injektorkammer fließen lassen. Was bedeutet es, wollen die Wesen etwa....

"Ein letztes Mal, aus dem Weg oder sie werden es ihr restliches Leben bereuen sich mir entgegengestellt zu haben! Die mickrigen paar Sekunden!", droht der Faeli mit einem Knurren dass die Luft gefrieren lässt und der Menschenjunge nie mehr vergessen wird.

"Die Rache Syntavyas?", zeigt sich der Kommandierende siegessicher, "Ich brauch nur einen von euch! Tötet ihn!"

Einige Sekunden bleibt es still, fast glaubt Proximo die Personen hätten sich in Luft aufgelöst oder wären nur eine Illusion, als urplötzlich die Klänge lauten Fauchens, brechender Knochen, Schüssen und Schreien durch die Tür schallen.

Panisch springt er auf und rennt er in den Gang hinein: "Papa wo bist du? Papa!"

Mit Tränen in den Augen, völlig verängstigt, erreicht er Augenblicke später den Schauplatz der Schlacht, welche da aber schon vorbei ist. Alle Krallen des Faeli sind voll ausgefahren, Blut tropft von ihnen auf den Boden und seine rechte Pfote bedeckt offensichtlich eine Schusswunde links an der Hüfte. Mehrere offensichtlich tote, teilweise zerfetze Gestalten, eine sich unter Schmerzen Krümmend das letzte Leben aushaucht, wirklich ein Bild welches man keinem Kind zumuten möchte. Proximo aber sieht nur seinen Vater, stürmt auf ihn zu und drückt sich weinend an dessen unverletzte Seite.

Der Junge schaut hoch und erhält unmittelbar den enttäuschten Blick Tcharks, etwas dass für ihn schlimmer ist wie jede alternative Bestrafungsart. Doch damit begnügt sich dieser heute scheinbar nicht, wischt er sich doch das Blut von den Krallen seiner linken Pfote und untersucht nacheinander Augen, Zähne und Hände seines Sohnes. Offensichtlich haben die Ärzte ganze Arbeit geleistet, keine einzige Schramme oder Verbrennung zeichnet den Körper mehr und doch findet der Faeli schnell den Grund für den eigenartigen Geschmack, welchen der Junge schon bemerkt hatte.

"Warum?", faucht die große Katzengengestalt und wedelt erregt mit dem Schwanz um seinem Ärger Luft zu machen.

Der Menschenjunge hat keine Zeit über diese Äußerung nachzudenken geschweige denn zu antworten, drückt ihm sein Vater doch ein Protonengewehr in die Hände und schiebt ihn zur Türe raus. Draußen fällt das Licht zweier Sonnen, fast waagrecht, auf das Gesicht Proximos, blendet ihn und bringt ihn dazu den Kopf zur Seite zu wenden. Dort wiederrum stehen kraftlos wirkende Gestalten, bestimmt dreißig oder mehr. Sie mussten den Schusswechsel mitbekommen haben, doch alle wirken ängstlich und abwesend.

"Papa? Was ist mit denen?", wundert sich Proximo, während er von seinem Vater am Arm gepackt und mitgezogen wird.

"Das Anhänger Albinas würden sie wohl als verlorene Seelen bezeichnen.", kommentiert Tchark in einem Tonfall der zwiegespaltene Gefühle ausdrücken sollte, "Ich denke es sind Centauri die sich selbst schon lange aufgegeben haben!"

Proximo versteht nicht wirklich was sein Vater ihm damit sagen will, dennoch sind die Bilder prägende Eindrücke, eine neue Art von Erfahrung und Realität für ihn. Der Marsch durch die düsteren Gassen zieht sich aber nicht lange, denn kaum auf der zentralen, maroden Verbindungsstraße der Kolonie angekommen hält Tchark eines der Fahrzeuge an in dem er sich einfach mitten auf die Fahrbahn stellt.

"Sind sie lebensmüde? Verschwinde von der Straße du...", beginnt der Faeli am Steuer, kann aber nicht mal seinen Satz beenden, bevor sein Gegenüber ihm ein Gewehr ins Gesicht hält.

"Wahrscheinlich, es wäre aber dennoch klug wenn sie jetzt verschwinden würden!", erwidert Tchark gelassen und wendet sich an Proximo, "Los da rein!"

Der Junge beeilt sich die Anweisung zu befolgen, versteht aber nicht was das Ganze soll. Immerhin darf er aber endlich in einem echten Sandgleiter sitzen und betrachtet verträumt die vorbeiziehenden Dünen. Bisher hat er nur Bilder davon gesehen und sich schon lange gefragt wie es wohl ist in etwas drin zu sitzen dass sich so schnell fortbewegt.

Ganz andere Sorgen hat indes Tchark V`Chassal, zunehmend beeinträchtigt durch die Verletzung und bestimmt schon den halben Planeten im Nacken. Wenn er Glück hatte, und von der Seite hatte sich der Tag noch nicht gezeigt, wussten die Wachen beim Raumhafen noch nichts von seinen Reiseplänen. Doch sogar in diesem unwahrscheinlichen Fall würde ihn das Sicherheitspersonal verhaften bevor er auch nur in die Nähe eines Schiffes kommen würde.

"Was sind das für komische glänzende Stäbe?", unterbricht Proximo die Gedanken seines Vaters.

Der Faeli erwidert, geistig nur halb anwesend: "Isokristalle, man kann Daten drauf speichern!"

Außer dem Zivilen für Personen und Warentransport ist da eigentlich nur noch der Militärische Raumhafen, dort würden sie wohl nicht so schnell nach ihm suchen, doch da es schlicht unmöglich war hinein zu kommen...

"Ich sehe nix, wo sind die denn?", erkundigt sich der Menschenjunge erneut über die eigenartigen Stäbchen.

"Natürlich sieht man die nicht, man braucht einen Computer um die zu lesen!", erwidert der große Faeli lachend, hat in diesem Moment aber einen Geistesblitz, "Gib mal her!"

Die Sonnen verabschieden sich gerade endgültig für diesen Tag und zaubern ein Farbenfeuerwerk an den glühenden Himmel als Tchark an die Türe einer einsam stehenden Hütte klopft.

Kurz darauf ertönen Schritte aus dem Inneren und eine keuchende Stimme: "Ich brauche nichts und habe nichts, gehen sie bitte wieder!"

"Es handelt sich um einen Notfall! Kann ich bitte schnell ihr Terminal benutzen?", versucht Tchark es ausnahmsweise freundlicher.

Knirschend öffnet sich die Türe einen Spalt: "Ich sagte doch schon dass es hier nichts gibt, vor allem keine dieser Maschinen die uns versklavt haben!"

Seufzend verabschiedet sich Tchark von seiner letzten Hoffnung und stützt sich kraftlos an der Hauswand ab, da raschelt es plötzlich hinter ihm.

"Ich hab doch gesagt du sollst warten!", schimpft der Faeli und zieht Proximo schützend an sich heran.

Der jedoch ist neugierig und lugt um verstohlen hinter Tchark hervor: "Mit wem sprichst du da?"

"Ein Menschenkind!", ruft die Stimme hinter dem Spalt und versucht diesen in Panik zu schließen, doch der große Faeli ist schneller.

Mit brachialer Gewalt tritt er gegen die Türe und schleudert die bislang unsichtbare Person in den Raum hinein. Knurrend packt Tchark die Gestalt und blickt dann überrascht in die müden Augen einer alten Faeli. Das düstere Flimmern des einzigen noch glimmenden Lichtes erhellt das graue, verfilzte Fell der Katzengestalt die schwach keuchend nach Luft ringt.

"Ich sagte doch schon dass hier nichts mehr zu holen ist!", wiederholt die alte Faeli erschöpft, "Von welcher Bande ihr auch seid, nehmt was ihr wollt, von mir aus auch mein Leben, alles andere habt ihr schon!"

Nachdem sein Vater die Gestalt losgelassen hat schleicht Proximo wieder vorsichtig heran und versteckt sich erneut hinter ihm, nicht ohne aber das eigenartige Wesen genau zu betrachten.

Tchark aber hat definitiv andere Sorgen: "Ich will weder ihre Sachen noch ihr Leben, ich brauche ein paar Antworten!"

"Antworten?", die Faeli lacht heiser, "Wenn sie hier irgendwo Antworten finden sollten, tausche ich sie gern gegen irgendwas zu essen ein!"

Die Alte dachte nicht wirklich daran dass ihr Gegenüber diesem Wunsch nachkommen würde, doch dieser zieht einen eingeschweißten Riegel mit einer süßlichen Trockennahrung hervor, wie sie gewöhnlich von den Minenarbeitern in den Diliziumminen gegessen wird. Ohne groß zu überlegen reißt die hagere Gestalt Tchark die Nahrung aus den Pfoten und schlingt ein paar Bissen davon hinunter.

Überlegt beginnt Proximos Vater erneut zu sprechen: "Zu den Antworten..."

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Wenige Minuten später sitzt der Junge wieder im gestohlenen Fahrzeug, zusammen mit Tchark der grade versucht die Wunde erneut zu verarzten die nach dem Kraftakt an der Türschwelle wieder zu bluten angefangen hatte.

"Papa?", lässt dem Menschenjunge eine Sache keine Ruhe, "Woher wusstest du dass der in dem Haus diese ganzen Sachen wusste die du wissen wolltest?"

Irgendwie verwirrt Tchark diese Fragestellung so sehr dass er erst einmal aufhört seine Wunden zu versorgen. Dann allerdings wendet er sich seinem Sprössling zu, der scheinbar ebenfalls ziemlich verwirrt ist.

"Ich wusste es nicht, ich hab es vermutet weil ihr Haus dem Militärraumhafen am nächsten ist!", erklärt der Faeli trocken, "Außerdem heißt es die im Haus nicht der im Haus, es war eine Sie!"

Ja jetzt erinnert sich Proximo, sein Vater hatte ihm schon von diesen Wesen erzählt die irgendwie anders sind und die es scheinbar bei vielen Spezies gibt. Sogar seine eigene hatte solch schwache Wesen oder vielleicht nur seines Vaters? War er vielleicht selbst ein Abkömmling dieser schwachen Art oder tatsächlich ein Mensch wie diese Sie sagte?

"Versteckt dich hinten in der Kiste, und schließ das Gitter, wir sind da!", unterbricht Tchark die Gedanken seines Sohnes.

Es vergeht keine weitere Minute bevor das Gleitfahrzeug ins Zwielicht der Scheinwerfer fällt, ein Kraftfeld den Weg versperrt und eine Gestalt in einem hautengen, grünen Anzug an der Seite des Zugangs erscheint. Tchark hält seinen Arm als wollte er winken, nur die Innenseite der Pfote ist sich selbst zugewannt. Zusätzlich winkelt er die Krallen leicht an und nickt mit dem Kopf, auf Proximo, der neugierig zwischen den Gitterstäben hervor lugt, macht dies einen sehr befremdlichen Eindruck. Soweit er sehen kann ist dies aber wohl üblich denn die Gestalt vor dem Fenster scheint es ihm gleich zu tun. Sein Vater wiederrum scheint zu hoffen dass alles nach Plan verlaufen würde, doch dann tritt die Torwache näher heran.

Argwöhnisch stellt die schmächtige Katzengestalt ihre Ohren auf: " Sir, sie verwenden eine veraltete Signatur, könnten sie sich sonst irgendwie..."

"Sind diese Techfritzen nicht mal in der Lage die richtige Signatur rauszufinden ohne gleich ganz Sanda über meinen Besuch zu informieren?", klagt Tchark in befehlshaberischem Ton, schaut dann aber dem Uniformierten direkt in die Augen, "Und da besucht man selbst einen so öden Felsen und wird in diesem Ton begrüßt? Nehmen sie Haltung in Gegenwart eines Generals an!"

"Entschuldigen vielmals, Sir, ich kündige sie sofort an!", erschrickt der Faeli und führt seine rechte Pfote zu einem Gerät an seinem linken Unterarm.

"Warten sie!", unterbricht Tchark schnell und denkt einige Sekunden angestrengt nach wie er die Situation noch retten kann, "Wenn... wenn ich gewollt hätte dass gleich der Ganze Stützpunkt davon erfährt, hätte ich den Colonel selbst angerufen und ihm befohlen Flugblätter anzufertigen und auf den Arsch jedes verdammten Rekruten zu kleben! Strengen sie gefälligst das Bisschen weiche Masse in ihrem Riesenschädel an Mann!"

Er durfte jetzt nicht die Nerven verlieren und scheinbar wirkten die Einschüchterungsversuche auch. Vielleicht konnte er die Torwache davon überzeugen ihn einfach so rein zulassen? Aber wie sollte er das anstellen und bei welchen Chancen, würde doch jede Untersuchung von Ihm oder dem Fahrzeug sofort die Wahrheit zum Vorschein bringen.

Allen Mut zusammennehmend traut sich die Wache endlich wieder etwas zu erwidern: "Es tut mir leid, Sir, aber ich kann sie ohne gültige Kennung oder Bestätigung ihrer Identität nicht passieren lassen! Ich verstehe dass sie darüber..."

"Sie verstehen überhaupt nichts!", faucht Tchark aufgebracht und in keinster Weise gespielt, "Während ihr hier eine ruhige Kugel schieben und literweise Litschu Ale sauft gibt es da draußen Leute die ihren Arsch riskieren damit ihr euren in die Sonne halten könnt!"

"Bei allem Respekt, Sir, ich komme grade selbst von der Front und habe diesen Posten bekommen um meine letzten Tage Dienstzeit abzuleisten!", korrigiert die Katzengestalt vor dem Fenster in leicht verärgertem Tonfall.

Einschüchterungsversuche würden ihn wohl nicht weiterbringen, das ist nun auch Proximos Vater klar. Doch ein Rückzieher ist in dieser Situation völlig undenkbar, jede Unsicherheit würde nur Zweifel an seiner Person schüren.

Alles oder nichts, Tchark zaubert sein letztes Ass aus dem Ärmel: "Also gut Soldat, sie scheinen Integrität, Mut und Pflichtgefühl zu haben, ich verrate ihnen weshalb ich hier bin wenn mir ihr Ehrenwort geben dies für sich zu behalten!"

Vielsagend hebt der Faeli die Decke von der Transportkiste in welcher sich Proximo versteckt hat, gefolgt von einem überraschten Ruf des Wachmanns: "Ein Menschenjunges!"

"Nicht so laut, verdammt!", schimpft Tchark mit unterdrückter Stimme, "Ich habe das Junge selbst aus den toten Klauen seiner Mutter gerissen, ich weiß sehr gut was das ist!"

"Was wollen sie mit dem Ding?", perplex stolpert der Soldat zwei Schritte rückwärts.

"Jeder braucht ein Haustier", meint Faeli im Fahrzeug schulterzuckend, "dieses ist für den Colonel! Da er keines hat, hab ich ihm eines mitgebracht, er alten Zeiten willen!"

Innerlich zufrieden hofft Tchark die Wache endlich überzeugt zu haben, doch es sollte anders kommen.

"Was ist mit Tiger?", erkundigt sich selbige argwöhnisch.

Nun entsteht eine gefährliche Pause zwischen den beiden, Proximo Vater wedelt aufgeregt mit seiner Schwanzspitze, kann dies aber zum Glück vor den Blicken des Anderen Faeli verbergen. Irgendetwas muss er sofort darauf antworten, es bleibt keine Zeit für eine lange Denkpause denn jede Sekunde würde die Situation gefährlicher machen.

"Tot!", greift er nach dem Nächstbesten, "Tut mir leid, wussten sie das nicht?"

"Tiger ist tot? Aber ich hab ihn doch grade vorher noch rumspringen sehen!", erschrickt der Soldat sichtlich, er weiß wie viel seinem Vorgesetzten an dem Tier liegt.

Nachdenklich lässt Tchark den Blick schweifen: "Ja, sowas hat er letztens auch gesagt! Farrys, sagte er, manchmal glaube ich noch Tiger gesund und munter durchs Lager rennen zu sehen. Deshalb bin ich auch sofort gekommen um ihn auf andere Gedanken zu bringen!"

"Mit einem Menschenjungen als Haustier?", fasst der Wachmann ungläubig zusammen.

"Ja, außerdem wird er in drei Tagen 283, da hab ich gleich ein passendes Geschenk!", der Faeli schaut den verwirrten Soldaten herausfordernd an.

Generäle der Centauri sind bekannt dafür verrückte Späße mit Menschen zu treiben und der plötzliche Tod des geliebten Tiers wäre wohl wirklich ein triftiger Grund dem Colonel einen unangekündigten Besuch abzustatten. Der Soldat hegt keinerlei Zweifel mehr einen solchen vor sich zu haben denn woher konnte er sonst solche Dinge über den Colonel wissen?

"Tut mir leid General dass ich sie so lange aufgehalten habe und richten sie dem Colonel bitte mein Beileid aus, wir alle hier trauern um Tiger!", die Wache salutiert steif, "Sie können die Identifikationsformalitäten von Sergeant Prani im Gebäude C27 erledigen lassen, dann erfährt keiner von ihrer Anwesenheit, Sir!"

"Sie haben nur ihren Job gemacht, ich werde es ihm ausrichten!", reagiert Tchark äußerlich locker und Salutiert, ist aber sehr froh den Finger vom Abzug des Gewehrs, auf seinen Knien, nehmen zu können.

"Sir?", erwidert der Wachmann noch, dann bewegt er sich endlich zum Schaltpult in seiner kleinen Hütte.

Summend erlischt das Energiefeld und lässt das Gleitfahrzeug ungehindert das Tor passieren, während der Faeli am Steuer erleichtert aufatmet. Das war ganz schön knapp und gewagt, aber noch ist es nicht ausgestanden, das weiß Tchark nur all zu gut. Sein Sohn währenddessen denkt über die eigenartigen Beschreibungen nach, über ihn und wie er als Haustier bezeichnet wurde. Er hatte mal eines, ein kleines, hochgiftiges Krabbeltier welches er in einer Schachtel gehalten hatte, doch sein Vater hatte sie entdeckt und gesagt es könnte nicht im Haus bleiben. Dass es ein sehr unangenehmes Gefühl ist in einer kleinen Schachtel eingesperrt zu sein, darüber hatte sich Proximo bisher keine Gedanken gemacht. Nun aber kann er dies am eigenen Leib nachvollziehen, sitzt er doch gerade eben in einer drin.

Schließlich überwindet sich der Kleine von hinten: "Papa!"

"Sei bitte still, wir haben es gleich geschafft!", versucht der Faeli am Steuer zu beruhigen.

Einen Moment bleibt es still, dann ertönt die flehende Stimme aber erneut: "Papa!"

"Ich erklär dir alles nachher!", beschwichtigt Tchark schnell, "Das mit dem Haustier und die bösen Sachen hab ich nur gesagt damit uns der Typ rein lässt! Vertrau mir, wir schaffen das!"

Fast eine ganze Minute kommt kein Laut über die Lippen des Jungen, doch dann um so lauter: "Papa!"

"Was ist denn?", faucht Tchark lautstark nach hinten nachdem er das Fahrzeug ruckartig angehalten und fast einen unvorsichtigen Soldaten über den Haufen gefahren hätte.

Proximo zweifelt ob er es wirklich sagen soll und druckst etwas herum, schließlich aber überzeugt ihn der mürrische Blick seines Vaters: "Ich muss mal ganz dringend!"

Während Tchark seinem Zögling gut zuredet, da er jetzt keinesfalls für eine Pinkelpause anhalten kann, wird auf der anderen Seite des Camps auch schnell klar warum dies so ist. Dort sitzt nämlich immer noch der Soldat am Eingang und grübelt über die eigenartige Begegnung mit dem General und seinem Menschen-Haustier nach. Warum ausgerechnet ein Mensch und was ist mit Tiger passiert?

"Lass mich raten! Scharfe Krallen, Zähne, Augen und Ohren?", unterbricht ein anderer Faeli die Überlegungen des Soldaten mit der stereotypischen, aber eher antiquierten, Vorstellung einer idealen Partnerin.

"Als ob mich interessiert wie sie von vorn aussieht!", kontert der Wachmann lachend in Richtung seiner Ablöse, setzt dann aber eine ernste Miene auf, "Weißt du eigentlich was mit Tiger passiert ist? Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, war der doch noch putzmunter!"

Der andere Faeli überlegt etwas irritiert was sein Kollege meinen könnte: "Tiger? Was soll mit ihm sein?"

"Ach du weißt das noch gar nicht? Ich habe es auch grade erfahren, von einem General der dem Colonel einen Mensch als neues Haustier mitgebracht hat!", plaudert der Faeli aus dem Nähkästchen und schweift mit seinen Blicken in sein Inneres ab.

"Da hat dich jemand schön verarscht", erwidert der Andere selbstsicher, "Das Mistvieh hat sich gerade wieder an den Vorräten in G14 vergriffen, du weißt sicher wie..."

Einen Satz zu Ende zu bringen während der Angesprochene wie vom Teufel verfolgt in die kleine Überwachungsstation rennt, um einen gewissen Sergeant Prani zu erreichen, ist natürlich etwas verwirrend.

Etwas weniger verwirrt, aber mit einem ebenso miesen Gefühl in der Magengegend, steht ein Faeli mit Braun auf Gelb gesprenkelter Fellfarbe vor einem mittleren Aufklärer der Venture-Klasse. In seiner Rechten einen schweren Hyperschlüssel hatte er offensichtlich gerade an diesem Schiff gearbeitet und war garantiert Überrascht jemand Fremden im Inneren zu finden. Tchark sind zu allem Unglück auch noch die Ideen ausgegangen, vielleicht ist es dem ganzen Stress zuzuschreiben, viel wahrscheinlicher aber dem Blutverlust.

"Um das klarzustellen, sie behaupten General Farrys zu sein, eine Sicherheitsinspektion auf dem Montageareal durchzuführen, ohne jegliche Begleitung, Geräten oder Beweisen ihrer Identität. Lediglich ein museumsreifes Gewehr und eine Kiste mit einem Menschenjungen der was genau tun soll?", hakt der Techniker den suspekten Beschreibungen nach.

"Das... ist... ein Mensch mit... besonderen Begabungen!", stottert Tchark eine neue unglaubliche Geschichte zusammen, "Diese Menschenrasse kann Plasmalecks spüren... riechen mein ich und ist sehr hilfreich mit... sie explodieren wenn sie zu Boden fallen, halten sie mal kurz!"

Selbst der Dümmste hätte ihm die Geschichte keinesfalls abgekauft, die Überraschung, die in die Hand gedrückte Kiste blockieren nicht nur beide Pfoten des Technikers sondern geben dem Vater Proximos auch Zeit sein Gewehr am Lauf zu packen sowie mit Wucht gegen den Schädel des überrumpelten Faeli zu prügeln. Getroffen geht dieser zu Boden und lässt dabei die Transportkiste auf selbigen, mit Duranium gehärteten, Untergrund fallen. Die vorgeführte Kraft Tcharks mag, angesichts seiner Verletzung, überraschen, die verzögerte Reaktionszeit hingegen nicht. So schnell wie eben möglich eilt er zu seinem Sohn, welcher kläglich weinend sein Bein hält, und hievt diesen vorsichtig aus dem Behälter.

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