Cymech/Stories/work
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Letzte Dämmerung
Als im Jahre 204 galaktischer Neuzeit ein kleines Transmittergerät vom Himmel schwebt und in den heißen Sand der Conawüste fällt, ist diese Einöde noch ein friedlicher Ort. Nur ab und zu streiten sich vereinzelte reptilienartige Wesen um das wenig vorhandene Wasser oder einige ausgelaugte Pflanzenreste. Dies ändert sich aber schnell, denn kaum leuchtet das kleine Licht auf dem unscheinbaren Gerät auf, bildet sich darüber ein rotierendes Flimmern, welches schnell größer wird, sich verdichtet und als schwarze Kugel erscheint. Mit einem Durchmesser von gut 5 Meter, drückt das Objekt mit gewaltiger Kraft den Sand zur Seite und stoppt dann langsam seine Ausdehnungsbewegung.
Fast 234 Jahre zuvor, entdeckte der Quantenmechaniker Minao Inagaki, durch Zufall ein seltsames Phänomen, welches er die Minao-Brechung nannte und als Ursprung der soeben demonstrierten Technik gilt.
Eben jenen Effekt kann man auch in diesem Moment beobachten, nach welchem die Kugel schnell durchsichtig wird und die Sicht auf fünf eckige Gestalten und einige Kisten freigibt. Im entstandenen Krater kauernd scheinen sie auf etwas zu warten, bevor sie plötzlich aus ihrer Starre erwachen und sich zügig erheben.
"Teamleader C8392K meldet Ankunft in Zielsektor!", ertönt die blecherne Stimme eines der roboterartigen, etwa zwei Meter großen, Wesen, "Einsatzgruppe SPEC3942 erwartet Befehle!"
Die SPEC-Teams stellen seit vielen Jahren die Speerspitze der Nano Research dar, nicht zuletzt deshalb weil zu diesen die Cymechs gehören, welche sich als absolut zuverlässig und präzise erwiesen haben.
"SPEC3942, Aufklärungsmission wie geplant durchführen, Feindkontakt wenn möglich vermeiden und alle vier Phaseamp's an den Zielkoordinaten verankern!", befielt eine Stimme in den Gehirnen der fünf Roboterwesen.
Während die ersten die Geräte auspacken, schaut sich C8392K die Phase Amplifier Units an, und prüft kurz sein eigenes Wissen darüber. Wenngleich er weiß dass, bei den aktuellen Bedingungen, zwei aktive Phaseamp's benötigen werden um größeres Kriegsgerät herbeischaffen oder mindestens eines für die Evakuierung, kann er sich doch nicht entsinnen wie diese Geräte aktiviert werden.
"C8392K an Missionsleitung!", wendet sich der Teamleader an den Kommandierenden in der Leitzentrale, "Ich denke, beziehungsweise glaube, wir benötigen noch die Installationsanweisungen für diesen Gerätetyp!"
Die Antwort kommt schnell, unfreundlich sowie präzise: "Glauben und denken fällt nicht ihr Aufgabengebiet C8392K! Die notwendigen Instruktionen wurden bereits in ihre Neuralimplantate geladen! Handeln sie!"
"Verstanden!", erwidert der Cymech emotionslos und wendet sich den anderen vier zu, "SPEC3942, laut unseren Informationen benötigt der Gegner noch etwa 18 Minuten bis zum Eintreffen in diesen Sektor! Sie haben 12 Minuten um ihren Auftrag auszuführen! Ausschwärmen!"
"Zu Befehl!", erwidern die vier mit einer Stimme und wuchten die gut 140 Kilo schweren Signalverstärker wie Spielzeug auf ihre Schultern, bevor sie sich mit hoher Geschwindigkeit entfernen.
Etwas besorgt über die Belastung seiner Teammitglieder, überprüft der Leader alle Statusinformationen seiner Untergebenen. Wie schon erwartet erschöpfen sich die Energiezellen bei dieser Belastung extrem schnell, auf die Einsatzdauer gerechnet würde dies allerdings kaum Probleme ergeben. Die Daten zur Seite wischend konzentriert der Teamleader nun seine Aufmerksamkeit auf den Chronometer, 4 Minuten sind schon verstrichen. Sich seiner Aufgabe entsinnend, öffnet er eine weitere Kiste und steckt die einzelnen Stücke darin geschickt zusammen, bevor der Cymech das Endresultat in der Mitte des Kraters auf den Boden legt.
Eine weitere Zeitkontrolle später, ist es nun schon fast 6 Minuten her, seit er sein Team ausgesandt hat.
Gerade will er sich nach dem Status erkundigen, als eine Übertragung von einem Untergebenen eingeht: "C6214F an Teamleader, ich glaube hier..."
Ein lauter Schrei erreicht den Kontaktierten, gleichzeitig ertönt eine weibliche Computerstimme in seinem Kopf.
"Warnung! Einheit C6214F wurde durch Waffenfeuer beschädigt, Vitalfunktionen in Gefahr!"
Nachzufragen wäre ohnehin Zeitverschwendung, also zieht er entschlossen seine Waffe und rennt mit Höchstgeschwindigkeit in Richtung des Notsignals.
"C8392K an SPEC3942 und Einsatztleitung! Feinkontakt!", meldet der Anführer hastig, während er mit atemberaubender Geschwindigkeit einen steilen Hügel hoch rennt, "C6214F wurde außer Gefecht gesetzt, rücke in Richtung seiner Position vor!"
Schnell und trocken erfolgt die Reaktion der Zentrale: "Negativ C8392K, oberste Einsatzpriorität hat die Extraktion! Der Ausfall eines Phaseamps sowie Biomech ist ein akzeptabler Verlust!"
"Die Zeit ist noch ausreichend!", reagiert der Teamleader hastig und rennt mit unverminderter Geschwindigkeit weiter, "Extraktion wird wie geplant erfolgen! SPEC3942, ich benötige sofortige Unterstützung!"
Mit einem Auge auf die Karteninformationen fixiert, erklimmt er die letzten Meter. Auf der steinigen Erhöhung angekommen springt C8392K, mit einem gewaltigen Satz, über die Kuppe um sich dann im freien Fall wiederzufinden. Gut 60 Meter stürzt der Teamleader haltlos in die Tiefe bevor er, wie berechnet, auf der Hügelschräge wieder den Boden berührt. Laut krachend und klirrend zerbrechen Teile des Gerölls unter seinen Füßen und lassen ihn mit immer noch rasantem Tempo den Erhöhung hinunter schlittern. Gerade will er nochmals seine Richtung prüfen, als ein Warnton erklingt. Mit den Augenwinkeln nimmt der Teamleader noch eine, sich schnell nähernde, Rauchsäule war, als er alarmiert mit maximaler Kraft von der Steilwand abspringt.
Keine Sekunde zu früh, denn eine gewaltige Explosion zerreißt das Massiv hinter ihm und schleudert den Cymech in hohem Bogen davon. Unkontrolliert überschlägt er sich beim Aufkommen mehrfach und durchbricht dabei eine Wand aus Lehmziegeln.
"Was war das?", schießt C8392K durch den Kopf, während er sich aufrappelt.
Prompt antwortet ihm die unterstützende KI: "Taktisches Kurzstreckenprojektil, geschätzte Sprengkraft etwa fünf Kilogramm TNT-Äquivalent, Druckdifferenz zirka 620 mbar auf 5 Meter."
Das Wort Rakete hätte es wohl auch getan, allerdings weiß er jetzt wenigstens was ihn da nur knapp verfehlt hat. In immer noch geduckter Haltung und Waffe im Anschlag, schaut sich C8392K um. Er scheint mitten in den Ruinen eines kleinen Dorfes gelandet zu sein, kein Feind ist auszumachen und es ist ruhig, zu ruhig. Laut den Anzeigen befindet sich das getroffene Teammitglied nur wenige Meter von seiner Position entfernt. Beherzt verlässt er seine Deckung, vollführt einen gewagten Hechtsprung in Richtung des nächsten Gebäudes, rollt sich dann geschickt ab und landet dabei genau neben C6214F. Der abgerissene Arm sowie die überall verteilte, rote Flüssigkeit fallen am meisten auf, doch das wäre nicht so schnell das Ende eines Cymechs gewesen. C8392K betrachtet die Überreste genauer und findet zwei Einschusslöcher genau in Höhe von Kopf und Hals.
Durch seine jahrelange Erfahrung weiß er auch ohne Computer welcher Waffe diese Treffer zuzuordnen sind. Eine Tritanpanzerung kann nur von Hochgeschwindigkeitsprojektilen aus speziellen Materialien derart durchschlagen werden, die Trefferanzahl und Genauigkeit bestätigen diese Vermutung.
"C6349H erreicht Zielgebiet!", unterbricht ein Untergebener seine Gedanken.
"Achtung C6349H!", warnt der Teamleader schnell, "Scharfschütze und Gegner mit Großprojektilwaffen geortet!"
"Verstanden!", tönt es zurück, doch scheinbar hat der Cymech nicht begriffen was die Konsequenz daraus ist.
Wie man es eben von einer programmierten Maschine erwartet, hetzt C6349H mit mörderischer Geschwindigkeit den Abhang hinunter um C8392K zu unterstützen, als schon das bekannte Warnsignal an seine Ohren dringt. Anstatt sich jedoch in Sicherheit zu bringen, springt er fast senkrecht in die Luft und Feuert in die Richtung in welcher er den Abschussort vermutet. Mit einem Schwall Explosivgeschosse, deckt C6349H seinen Gegner ein und ebnet dabei die Gebäude in seinem Sichtfeld ein.
"Munition verbraucht!", hört der Cymech die Computerstimme sagen und greift gleichgültig zu einem Ersatzmagazin.
"Deckung C6349H!", zischt der Teamleader scharf, doch es ist bereits zu spät.
Ein einziger, gezielter Schuss trifft den Cymech direkt auf Augenhöhe woraufhin er kurz wankt und anschließend einfach umfällt.
"C6349H!", schreit C8392K erschrocken, doch nur eine Computerstimme erwidert den Ruf kurz und emotionslos, "Einheit C6349H wurde zerstört!"
Innerlich aufgewühlt drückt sich der Teamleader mit dem Rücken an die Überreste einer der Gebäudes. Ein Blick auf die Zeit und den Energiestand enthüllt dann sein scheinbar endgültige Los.
"Teamleader C8392K an SPEC3942!", beginnt er trocken, "Unterstützung abbrechen und sofort zum Extraktionspunkt begeben!"
"D4273L verstanden! C6831S verstanden!", erwidern die anderen zwei, ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken.
Mit einem leichten Seufzer registriert der Teamleader, dass nicht mal seine langjährigen Weggefährten auch nur einen Finger krümmen oder auch nur ihre Besorgnis ausdrücken, bevor sie nicht den direkten Befehl dazu erhalten. Ein leises Signal macht ihn darauf aufmerksam dass er sich konzentrieren muss. Nur noch zirka 4 Minuten bis zum Eintreffen der gesammelten Streitkräfte, es bleibt keine Zeit lange nachzudenken.
"Rauchgranate!", flüstert C8392K, während er eine kleine Metallkugel an seiner Hüfte berührt und diese dann im hohen Bogen in die Richtung wirfst in welche er den Gegner vermutet.
Ungezielte Schüsse peitschen durch den Rauch und verfehlen den Cymech nur knapp, welcher so schnell er kann auf der anderen Seite um das Gebäude rennt. Dort angekommen schaut er vorsichtig durch einen dünnen Spalt und sieht auf einem Flachdach ein Geschütz hinter dem scheinbar eine Person sitzt.
"9 Millimeter, Vollmantel, Eternitspitze!", wählt der Teamleader schnell seine Munition, bevor er die entdeckte Position unter Dauerfeuer nimmt.
Spielend durchschlagen die Kugeln das schützende Metall, bevor der Cymech nach nur knapp zwei Sekunden wieder zurück in seine Deckung geht.
"Munition verbraucht!", hört C8392K die künstliche Intelligenz sagen und registriert missmutig wie schnell die Magazine leer werden.
Die gleichzeitig größte Stärke und Schwäche der Remjet 25C, ist die taktische Munition bei welcher man direkt vor dem Abfeuern noch diverse Parameter verändern kann um sie der aktuellen Situation anzupassen. Unglücklicherweise wird dadurch die Anzahl der Schüsse massiv reduziert und selbst die größten Magazine reichen nur für kurze Feuerstöße. Genau das wird ihm in diesem Moment wieder bewusst und so ersetzt er gezwungenermaßen das Magazin mit einem neuen.
"Tom! Was ist mir dir? Tom!", schreit eine weibliche Stimme aufgeregt und nähert sich scheinbar schnell.
Hastig wählt C8392K eine Munitionsvariante die ihm passender erscheint: "16 Millimeter, Weichkern, Teilmantel!"
Erneut stürmt er aus seiner Deckung, feuert einen einzigen Schuss ab welcher den Kopf seines, scheinbar unbewaffneten, Opfers durchschlägt und diesen dabei praktisch zerreißt. Er selbst versucht sich mit einer geschickten Drehung hinter der nächsten Wand zu verschanzen, als im Augenwinkel ein Blitz zu erkennen ist, C8392K von einer Kugel am rechten Arm getroffen wird und er hart auf die Stein, bei der anvisierten Deckung, fällt. Ein heftige Emotion, irgendwo zwischen Verbrennung, Quetschung und Bruchschmerz, lässt den Cymech auf der Stelle zusammenkauern und einen unkontrollierten Laut ausstoßen.
"Schwere Beschädigung, linker Oberarm, Mechanik beeinträchtigt, Flüssigkeitsverlust wird gestoppt, Analgetikum verabreicht!", vernimmt der Verletzte die scheinbar zynische Stimme und ärgert sich, verstärkt durch den Schmerz, über diese.
Doch da zischen schon zwei weitere Projektile heran und durchschlagen unbeeindruckt die Wand wobei sie den Cymech nur knapp verfehlen. Ihm bleibt keine Zeit noch lange zu überlegen oder sich darum sorgen zu machen dass es mit einer Hand unmöglich ist sein Gewehr zu bedienen, ohne massiv an Beweglichkeit sowie Genauigkeit einzubüßen.